Hat sich erst einmal der Gedanke an eine berufliche Auszeit in unserem Kopf festgesetzt, taucht relativ schnell die Frage auf, wie sich das Ganze in der Realität eigentlich umsetzen lässt.
Welche Möglichkeiten und Sabbatical Modelle es gibt, um eine Auszeit mit dem Arbeitgeber zu vereinbaren, erfährst du in diesem Blogartikel. Außerdem schauen wir gemeinsam, welches Modell sich für dich eignet.
Eine ernüchternde Botschaft vorweg:
In Deutschland besteht nach aktuellem Stand nur für Angestellte im öffentlichen Dienst einen Rechtsanspruch auf ein Sabbatical. Dennoch solltest du dich als Angestellte*r in der privaten Wirtschaft davon nicht entmutigen lassen, denn viele Unternehmen und Firmen, kleine wie große, haben mittlerweile die Vorteile des Angebots erkannt und bieten von sich aus unterschiedliche Möglichkeiten an.
Zuhören liegt dir besser als Lesen? Dann hör dir den Beitrag als Podcastfolge an:
Diese Sabbatical-Modelle haben sich in den letzten Jahren etabliert:
- Teilzeit-Modell (der Klassiker!)
- Zeit(wert)konten (gegebenenfalls mit Fondssparen)
- Unbezahlter Sonderurlaub bzw. unbezahlte Freistellung
- Elternzeit
- Kündigung
Die Praxis zeigt, dass diese Modelle nicht in Stein gemeißelt sind. Soll heißen: manche kombinieren ihre Elternzeit mit einigen Wochen unbezahltem Sonderurlaub. Ich möchte dir dennoch die jeweiligen Modelle genauer vorstellen und bin mir sicher, dass du relativ schnell ein Gefühl dafür bekommst, welches für dich passen könnte.
Los geht’s!
Das Teilzeit-Modell
Der Klassiker unter den Sabbatical-Modellen und auf Grund der vielen Vorteile für Arbeitnehmer und Arbeitgeber auch das Modell, für das ich mich entschieden habe. Die Grundidee ist folgende: du einigst dich mit deinem Arbeitgeber auf einen festgelegten Zeitraum bestehend aus einer Arbeitsphase und einer Freizeitphase. Du gehst sozusagen in Vorleistung mit deiner Arbeit und kannst dich dafür im Anschluss einige Zeit ausruhen. Die Aufteilung könnte so aussehen: 4 Jahre Gesamtlaufzeit, davon 3 Jahre Ansparen und 1 Jahr Freizeit.
Der Name des Modells ist hierbei Programm: hast du bisher in Vollzeit gearbeitet, schließt du mit deinem Arbeitgeber einen Vertrag darüber, zukünftig auf dem Papier nur noch in Teilzeit zu arbeiten. “In echt” arbeitest du weiterhin in Vollzeit, bekommst aber nur einen Teilzeit-Lohn ausgezahlt. Die Differenz überlässt du zunächst deinem Arbeitgeber auf einem Langzeitkonto, denn davon wirst du auch während deiner Freistellungsphase bezahlt.
Das sähe in Zahlen z. B. so aus:
Vereinbarter Zeitraum | Ansparphase | Freizeitphase |
1 Jahr mit 75% Lohnauszahlung | 9 Monate | 3 Monate |
2 Jahre mit 50% Lohnauszahlung | 1 Jahr | 1 Jahr |
9 Jahre mit 75% Lohnauszahlung | 6 Jahre | 3 Jahre |
Die Rechnung kannst du beliebig spinnen: die Zeiträume können gekürzt oder gestreckt werden bis am Ende furchtbar krumme %-Zahlen bezüglich deiner Lohnauszahlung zustande kommen. Wenn du dein Sabbatical kurzfristig planen willst und auf 50% deines Lohns verzichten kannst, spricht nichts gegen das 1. Beispiel. Willst du aber vielleicht 3 Jahre für eine Weltreise einplanen und 9 Jahre Ansparzeit kriegst du mit Planung schon rum oder du willst 3 Jahre Freistellung vor deinem Renteneintritt erzielen, dann ist das 3. Beispiel vielleicht das Richtige.
Wenn du einmal grob ausrechnen willst, wie dein ganz persönliches Teilzeit-Modell aussehen könnte, empfehle ich dir diesen Zeitwertrechner (<< Klick!) oder den Rechner von PensTime (<< Klick!).
Der größte Vorteil des Teilzeit-Modells besteht darin, dass dein Arbeitsvertrag als solcher bestehen bleibt und du keine Aussetzer bei der Zahlung der Sozialversicherungsbeiträge hast. Denn auch während deiner Freistellung erhältst du den wie vereinbart verringerten Lohn und zahlst -wie dein Arbeitgeber auch – in die gesetzliche Rentenversicherung und Krankenversicherung ein. Für die Sicherheitsliebhaber unter uns also genau das Richtige. Behalte dennoch im Auge, wie viel du von deinem Lohn wirklich entbehren kannst, um deine monatlichen Fixkosten weiterhin abdecken und zusätzliche Rücklagen bilden zu können.
Zeit(wert)konten (gegebenenfalls mit Fondssparen)
Die Zeit(wert)konten kreuzen eventuell auch als Langzeit- oder Arbeitszeitkonten deinen Weg. Egal, wie du sie bezeichnen magst, dahinter steckt folgendes Prinzip:
Überstunden, die du zusätzlich zu deiner regulär vereinbarten Arbeitszeit leistest, landen auf diesem Konto. Viele Arbeitgeber bieten solch ein Modell von sich aus für ihre Mitarbeiter*innen an, um z. B. später einen früheren Übergang in die Rente zu ermöglichen. Oftmals wird dein Zeitguthaben in einen Geldwert übertragen und mit Verzinsung (z. B. über einen Fondssparplan) angelegt. Meistens ist es auch möglich, Sonderzahlungen wie Urlaubs- oder Weihnachtsgeld, aber auch nicht in Anspruch genommene Urlaubstage auf diesem Zeitwertkonto zu lagern.
Ziel ist natürlich, dass du in deiner Freistellungsphase vom angesparten Zeitguthaben bezahlt wirst. So kannst du dir, ähnlich wie beim Teilzeit-Modell, ziemlich bequem deine Auszeit finanzieren. Die Einzahlungen in die Sozialversicherung bleiben bei diesem Modell ebenfalls erhalten.
Unbezahlter Sonderurlaub bzw. unbezahlte Freistellung
Der Name Sonderurlaub sagt es bereits: zu deinem gesetzlichen Urlaubsanspruch kannst du beim Arbeitgeber zusätzlich freie Tage beantragen. Einen Anspruch auf Sonderurlaub, um sich zu erholen, hat man jedoch nicht, denn dazu dient ja der jährliche Erholungsurlaub. Einige Arbeitgeber sind allerdings bereit, ihren Mitarbeiter*innen eine längere unbezahlte Freistellung einzuräumen.
Beim Sonderurlaub gibt es allerdings auch einiges zu beachten:
- Während des Sonderurlaubs ruht das Arbeitsverhältnis.
- Du musst nicht deiner Arbeitspflicht nachkommen, der Arbeitgeber zahlt dir allerdings auch keinen Lohn (Nichts. Nada. Zero. Nüscht!)
- Wenn du keinen Lohn erhältst, findet auch keine Einzahlung in die Sozialversicherung statt.
- Bei Sonderurlaub, der länger als 1 Monat andauert, wirst du für die zusätzliche Dauer (bei 2 Monaten Sonderurlaub also 1 Monat) von der Sozialversicherung abgemeldet und musst dich selbst darum kümmern.
- Bei gewährtem Sonderurlaub verringert sich dein Anspruch auf deinen gesetzlichen Jahresurlaub. Nimmst du 2 Monate unbezahlten Sonderurlaub, wird dein Urlaubsanspruch auf nur noch 10 Monate des Jahres angerechnet.
Ich schätze, dass sich der unbezahlte Sonderurlaub als Sabbatical-Modell vor allem eignet, wenn du kürzere Auszeiten möglich machen möchtest, z. B. zur Verlängerung der Elternzeit (s. unten). Für wirklich längere Auszeiten wäre mir persönlich der komplette Verzicht auf Lohn und der Ausfall der Einzahlungen in die Sozialversicherung einfach zu groß. Aber da hat jede*r ein anderes Sicherheitsbedürfnis.
Elternzeit als Sabbatical-Modell
Warum nicht den Anspruch auf Elternzeit nutzen, um gemeinsam als frisch gebackene Familie zu verreisen?
Der klare Vorteil: werdende Eltern haben ein Recht auf Elternzeit! Rein rechtlich gesehen, muss der Arbeitgeber eine Freistellung vom Job für bis zu 3 Jahre ermöglichen. Während der Elternzeit besteht ein besonderer Kündigungsschutz, allerdings wird diese Freistellung nicht vom Arbeitgeber finanziert. Die Zahlung des Elterngeldes ist hierzulande eine Sozialleistung und wird vom Staat übernommen. Die garantierte Zahlung des Elterngeldes liegt derzeit bei maximal 14 Monaten, wenn die sogenannten Partnermonate genommen werden. Grundlage für die Berechnung des Elterngeldes ist die Höhe des letzten Nettoeinkommens.
Es lohnt sich also, mit der Partnerin/dem Partner rechtzeitig die Möglichkeit einer gemeinsamen Familienauszeit (und wie das Ganze finanziert werden soll) zu besprechen.
Wie bereits erwähnt, nutzen viele die Elternzeit für eine gemeinsame Auszeit vom Arbeitsalltag. Mit Hilfe der Partnermonate und zusätzlichen Resturlaubstagen, Überstunden oder unbezahlte Sonderurlaub kann man die gemeinsame Auszeit außerdem noch verlängern. Solche Kombinationen sind keine Seltenheit und können ganz individuell mit dem Arbeitgeber abgesprochen werden.
Kündigung
Endstation Kündigung. Zugegeben, dieses “Modell” ist wohl eher die absolute Notfall-Möglichkeit und für dich, da du ja eigentlich nur eine Pause einlegen möchtest, vielleicht keine Option. Für mich war sie das auch nicht.
ABER: die Kündigung kann durchaus sinnvoll für dich sein. Nämlich wenn du
- sowieso bereits innerlich gekündigt hast, mit deinem Job unzufrieden und unglücklich bist und dir die Wiederkehr nach einer Auszeit auch nicht mehr vorstellen magst
- von deinem Arbeitgeber kein Entgegenkommen hinsichtlich eines Sabbaticals erwarten kannst
- ausreichend finanzielle Rücklagen hast, um deine monatlichen Ausgaben mehrere Monate selbst abzudecken.
Eine Kündigung will ein gut überlegter Schritt sein. Gleichzeitig solltest du dir ehrlich die Frage beantworten, ob du nach einer Auszeit überhaupt weiter in deinem Job arbeiten willst oder dich sowieso komplett umorientieren willst.
Welches Sabbatical-Modell ist nun “das Richtige”?
Welches Modell nun am besten passt, hängt natürlich dem, was dein Arbeitgeber anbietet, auch davon ab, was du in deiner Auszeit vorhast. Für eine Weltreise wirst du sicherlich mindestens 1 Jahr oder besser noch länger einplanen. Für eine Auszeit, um einfach mal durchzuatmen oder um eine private Weiterbildung wahrnehmen zu können, reichen vielleicht schon wenige Monate Freistellung aus.
Informiere dich hierzu am besten in der zuständigen Personalabteilung, ob es bereits ein gängiges Sabbatical-Modell gibt, welches Kolleg*innen vor dir genutzt haben. Falls dies nicht der Fall ist, solltest du dir Gedanken machen, welches der hier aufgezählten Modelle, dir am ehesten zusagt, ehe du das Gespräch mit deinen Vorgesetzten suchst.
Nicht ohne schriftliche Vereinbarung!
Egal, für welches Modell letztendlich dein Herz schlägt, achte unbedingt darauf, dass du mit deinem Arbeitgeber einen Vertrag bzw. eine Zusatzvereinbarung triffst. Auf mündliche Absprachen solltest du dich nicht verlassen, zumal es sich bei der Ansparphase um einen längeren Zeitraum handeln kann, in dem auch Unverhofftes eintreten kann. Du weißt ja: das Leben ist das, was stattfindet, während du Pläne schmiedest.
Für welches Modell wirst du dich nun entscheiden? Bist du dir noch unsicher, welche Variante zu dir und deinem Vorhaben passt? Hast du vielleicht sogar eine ganz andere Lösung gefunden, deine Auszeit zu realisieren? Lass es mich wissen!
Falls du bereits ein Gefühl hast, welches Modell für dich infrage kommt, kann ich nur sagen:
Go for it! – Plane dein Sabbatical, deine Auszeit vom Job!
Deine Bea